Montag, 26. August 2013

Rezension: Geschichte der arabischen Welt

Geschichte der
arabischen Welt
Rezension  GESCHICHTE DER ARABISCHEN WELT

DR. ALFRED SCHLICHT

Es ist schwierig 3000 Jahre Geschichte in einem Buch auf rund 360 Seiten zusammenzufassen. Dr. Alfred Schlicht, Orientalist und auf den Nahen Osten spezialisiert, hat es geschafft, die „Geschichte der arabischen Welt“ möglichst objektiv zu beschreiben. Selbst die jüngsten Ereignisse des sogenannten „arabischen Frühlings“ haben Eingang in dieses interessante Buch gefunden.

Auf neun Kapiteln vom vorislamischen Arabien, über die Anfänge des Islam mit der Berufung Mohammeds zum Propheten, der Ausbreitung des Islams bis nach Andalusien, das Osmanische Reich, die Islamische Welt und den europäischen Imperialismus bis zum arabischen Nationalismus und der arabischen Welt von heute mit einem Ausblick in die Zukunft spannt der Autor den Bogen von der arabischen Halbinsel nach Asien bis über das andalusische Spanien hinaus und mit Columbus bis nach Amerika.

Der Autor betont gleich im Umschlagtext, dass es ihm um die Beschreibung der säkularen Geschichte geht und er das Buch nicht als „religiöse Heilsgeschichte“ sieht.
„Die arabische Geschichte ist nicht identisch mit der Geschichte des Islam“ und sie beginnt lange vor der Geburt des Propheten Mohammed um 570 nach Chr.. Zum ersten Mal ...
werden „arabische Kameltreiber“ 853 vor Christus auf einer Inschrift des Assyrerkönigs Salmanassar III. erwähnt, die an einer Schlacht zwischen Assyrern und Syrern teilnehmen. Sie leben, aufgegliedert in vielen Stämmen, zwischen zwei großen Kulturräumen, dem Niltal und dem Zweistromland (Mesopotamien), auf der, nach ihnen benannten, arabischen Halbinsel. Erst einhundert Jahre später beginnt die Geschichte des römischen Imperiums.

Schon kurz nach dem Tod des Propheten gelingt die Einigung der meisten arabischen Stämme, was vorher fast unmöglich schien, und ab 633 breiten sie sich nach Asien und rund um die südliche Küste des Mittelmeeres sowie bis in den Balkan aus. Die rasante Ausdehnung kommt für die damaligen „Großmächte“ Byzanz (Ostrom) und Persien überraschend. Sie waren zwar vereinzelte Überfälle gewohnt, die sie abwehren konnten, aber nach zwei großen Schlachten wird klar, dass die Araber vereint als große Gruppe kriegserfahrener Kämpfer eine neue Herausforderung darstellen.

Mit der Abbasiden-Dynastie ab 750 verlagert sich das Machtzentrum für die nächsten Fünfhundert Jahre von Damaskus und dem Mittelmeer nach Bagdad in den Osten. Unter ihnen erreicht die islamisch-arabische Welt die größte Ausdehnung bis nach Indien und Malaysia. Überall hinterlässt auch der Islam seine Spuren. In diese Epoche fällt die Blütezeit der islamischen Kultur, die auch im mittelalterlichen Europa immer mehr Anhänger gewinnt.

Die Ausbreitung des Islam als Religion geschieht in Etappen, je weiter er sich ausbreitet umso mehr vermischt er sich im Laufe der Jahrhunderte mit den alten Traditionen der Völker, auf die er trifft.
Zuerst verlief die Ausbreitung eher friedlich durch Verträge mit der lokalen Bevölkerung über die Zahlung von Steuern, vorhandene staatliche Strukturen wurden übernommen, jeder durfte seine Religion weiter ausüben.
Erst nach und nach nehmen die Völker die arabische Sprache an und allmählich setzt sich das Arabische als Verwaltungssprache durch, aber bis heute gibt es zum Beispiel unter den Berbern in Nordafrika welche, die nicht arabisch sprechen (wollen oder können).

Mit den Kreuzzügen ab 1096 in die Levante und der Reconquista in Spanien beendeten die Europäer die arabisch-islamische Ausbreitung. Was der Djihad für die Muslime, sind die Kreuzzüge für die Christen. Mit Gewalt will jede Seite ihre Religion durchsetzen. Doch im Schatten der Attacken, entwickelt sich der Handel mit den Luxuswaren aus dem Orient.  
Mitte des 13. Jahrhunderts drängt eine neue Großmacht in den ostarabischen Raum ein - die Mongolen. Sie ermorden den letzten Abbasidenkalifen und besetzen Bagdad. Auch die Osmanen und Turkvölker, die sich ab 1453 mit der Eroberung von Byzanz für die nächsten 400 Jahre in der arabischen Welt ausbreiten, sind nicht mehr direkt mit der Linie Mohammeds verwandt.  

Im letzten Kapitel „Die arabische Welt heute“ werden die neuesten Entwicklungen beschrieben, inklusive dem sogenannten arabischen Frühling.

Fazit:
Die Analysen und Einschätzungen der politischen und geschichtlichen Zusammenhänge machen das neue Buch lesenswert und informativ, trotz der teilweise sehr verschachtelten Sätze. Jedem Kapitel ist eine übersichtliche Zeittafel vorangestellt, die die wichtigsten Ereignisse chronologisch auflistet, es folgen der geschichtliche Ablauf und die Erläuterungen. Am Ende des Buches werden die verschiedenen Epochen auf Karten dargestellt. Es folgen Literatur- und Quellenhinweise und ein Register.
Der Autor hat bereits 2008 einen Teilbereich durch sein Buch, „Die Araber und Europa“ herausgegriffen, welches ebenfalls sehr interessant zu lesen ist.
Verwirrend ist ein wenig der Titel „Geschichte der arabischen Welt“, da er sich mit dem Standardwerk von Ulrich Haarmann deckt.

Autor:
Dr. Alfred Schlicht ist Orientalist und Vortragender Legationsrat im Auswärtigen Amt. Wissenschaftliche Tätigkeiten an Forschungsinstituten und Universitäten in Deutschland und im Nahen Osten. Seit 1986 ist er im diplomatischen Dienst tätig.  Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Geschichte und Gegenwart des Nahen Ostens.